Mittwoch, 30. Mai 2007

Aus dem Gleichgewicht


Eigentlich habe ich mir vorgenommen bis zum Berlin-Marathon (30. September) noch 3 – 4 Kg abzunehmen. Jetzt ist erstmal was anderes passiert. Nach dem RuhrMarathon habe ich innerhalb von 14 Tagen 3,5 Kg zugenommen. Wie geht das? Erstmal bin ich in der Regeneration weniger und langsamer gelaufen. Der Appetit ist aber gleich geblieben. Außerdem waren der Druck und damit die Disziplin weg. Es darf jetzt auch schon einmal ein Stück Kuchen mehr sein. Und so eine Tafel Schokolade ist ja auch in Null-Komma-Nichts weg. Und abends darf ja auch noch genascht werden (Lakritze, Kekse zur Not auch Chips). Was sagt uns das? Wer nicht steigt, der fällt, behauptet eine Redewendung. Also, wer nichts mehr tut, der erreicht auch nichts mehr. Vielleicht schwimmen wir im Leben auch ständig gegen den Strom. Und wenn wir aufhören zu schwimmen, dann treibt es uns zurück? Die Regeneration musste sein. Die Nascherei eher weniger. Ich arbeite aber dran und die Regeneration ist ja jetzt auch vorbei. Heute gibt es erstmals wieder ein kurzes Intervalltraining. Darauf freue ich mich schon, weil ich in den letzten Wochen auch vor dem Marathon fast nur noch langsam gelaufen bin. Die Ernährungsfrage ist aber damit für mich noch nicht erledigt. Hier habe ich sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten.

Einige Politiker wollen das Problem auf eine, wie ich finde, sonderbare Weise lösen, sie wollen eine „Naschsteuer“ auf Schokolade und sonstige Süßigkeiten. Die Kreativität einiger Politiker zur Erhöhung der Steuereinnahmen scheint keine Grenzen zu kennen. Das alles unter dem Vorwand etwas für die Volksgesundheit tun zu wollen. Gibt es nicht erfolgversprechendere Möglichkeiten? Sicherstellung des Sportunterrichts in den Schulen, verbesserte Unterstützung von Sportvereinen, Förderung von Kooperationsprojekten zwischen Vereinen und Schulen, mehr Verbraucheraufklärung, Ausweitung von Auszeichnungspflichten auf Lebensmittelverpackungen? Aber nein, es muss eine Steuererhöhung sein.

Aber natürlich gibt es zuerst eine Eigenverantwortung, die jeder für sich selbst wahrnehmen sollte. Ich stehe dazu und habe gleich nach dem Wiegen heute Morgen damit angefangen und Äpfel statt Kekse für die Pause eingepackt. Mal sehen ob es klappt. Denn wer möchte beim Laufen schon unnötiges Gepäck mit sich rum schleppen.

Dienstag, 29. Mai 2007

Begegnung mit dem Regenwurm


In diesem Jahr bin ich meine Hausrunde durch meinen Stadtteil Suderwich bisher 204 mal zu je 3,15 Km gelaufen. Das sind immerhin 642,6 von gut 1.000 gelaufenen Kilometern. Man könnte glauben, dass es langsam langweilig wird. Wird es aber wohl nicht. Wechselnde Jahreszeiten, Tageszeiten, unterschiedliche Wetterbedingungen, eigene Gedanken, Stimmungen und Eindrücke und machen jeden Lauf irgendwie einzigartig. Es kommt darauf an wie man die Dinge betrachtet. Beim letzten Lauf war es unter anderem ein Regenwurm, der sich über den Feldweg schlängelte. Einigartig? Einmalig? Weltwunder? Sicher nicht. Aber in dem Augenblick habe ich das Tierchen eben wahrgenommen. Genau wie unzählige Schnecken in allen möglichen Variationen, die sich bei feuchtem Wetter leichtsinniger Weise auf meinem Weg verirrt hatten. Oder die beiden wilden Hühner, die ich in letzter Zeit fast täglich aufscheuche. Dabei bin ich ganz friedlich eingestellt und habe keinerlei böse Absichten. Aber das verstehen sie wohl nicht. Ob daher der Ausdruck „dummes Huhn“ her kommt? Unter uns, die eignen sich nicht einmal als Suppenhühner, so dünn wie die sind. Letztens habe ich auch einmal zwei Hähne auseinander gebracht, die aneinander geraten waren und dann auseinander stoben, als ich angewalzt kam. Die Stareneschwärme am Himmel habe ich in einer so großen Zahl auch noch nicht über das Dorf fliegen sehen. Zuletzt habe ich auch noch zwei fette Kaninchen fast vor meiner Haustür angetroffen.
Dabei ist es nicht so, dass es nur schöne Eindrücke gäbe. Auf zersplitterte Bierflachen, am Wegrand liegenden Müll, vereinzelt rasende Autofahrer, die zu morgendlicher Stunde meinen sie seien allein auf der Welt, könnte man wohl verzichten. Zum Glück überwiegen aber die positiven Eindrücke.

Laufen schärft die Sinne. Wohl auch deshalb ist schon der Weg das Ziel!

Freitag, 25. Mai 2007

Mein Balkon






Mein Haus, mein Boot, mein Pferd? Kann ich nicht mit dienen. Aber wenigstens habe ich einen Balkon. Okay, streng genommen ist auch der nur angemietet. Aber ich kann ihn wenigstens im Rahmen des Mietvertrages nutzen. Es ist ja nichts Besonderes einen Balkon zu haben. Oder? Es kommt aber immer auf den Blickwinkel an. Nicht, dass ich meinen Balkon besonders viel nutzen würde. Irgendwie hänge ich aber dran. Besonders früh morgens nach dem Aufstehen. Wie ist zum Beispiel das Wetter? Gut, den ersten Eindruck vermittelt ein Blick durchs Fenster. Oder die Außentemperatur auf dem Thermometer ablesen. Aber es geht doch nichts über das gefühlte Wetter. Also Balkontür auf und schnell einmal raus. Ein erstes Gefühl für den Tag zu bekommen.
Manchmal ist aber auch das Licht interessant. Besonders am frühen Morgen. Zuweilen ist es so schön, dass ich schnell den Fotoapparat hole und versuche den Augenblick einzufangen. Meistens geben die Bilder den gefühlten Moment nicht wirklich wieder. Jedenfalls habe ich so schon zig Fotos gemacht. Es ist wirklich erstaunlich, was man so vor der eigenen Nase zu sehen bekommt. Manchmal sind es nur die Wolken, die bizarre Formen annehmen. Gewitter sind immer spannend zu beobachten.

Der Teich vor dem Haus lockt Tiere an. Enten sind alltäglich. Manchmal lässt sich auch ein Fischreiher sehen. Eine dicke Ratte war auch schon mal zu Besuch. Aus der sicheren Entfernung war das ganz possierlich. Wie wäre es mit Kamele und Elefanten? Jägerlatein? Nein in echt. Ein Zirkus hat auf der großen Wiese mal ein Gastspiel gewesen. Ich weiß nicht wie die Vorstellungen waren. Aber das drum herum war einfach genial, insbesondere weil der Zirkus für einige Wochen direkt vor meinem Balkon überwintert hat. Die Wiese ist ja ansonsten nur eine Wiese. Aber auch da tut sich was im Laufe eines Jahres. Ein Bauer mäht sie mit großem Gerät, wendet das geschnittene Gras bei gutem Wetter, natürlich auch maschinell. Dann wird das getrocknete Gras zu Paketen verpackt und auf Hängern abtransportiert. Meine Enkelkinder finden das spannend und drücken sich die Nase am Fenster platt. Und ich stehe oft auf dem Balkon, außer wenn gedüngt wird. Alles hat wohl auch seine Schattenseiten. Aber meistens ist steht der Wind günstig und weht vom Hause weg. Vom Balkon sehe ich in östlicher und nördlicher Richtung. Genau richtig für Sonnenaufgänge. Sich Zeit lassen, den Augenblick genießen, Ruhe finden. Das ist mein Balkon. Nicht immer, aber hin und wieder.

Donnerstag, 24. Mai 2007

Sinn des Laufens

Spaß daran haben. Es locker gehen lassen. Nicht auf die Uhr schauen. Sich zwischen zwei Trainingsplänen zu befinden (der eine erledigt, der andere noch nicht begonnen). Sich daran freuen wie langsam man laufen kann. Neuen Herausforderungen erwartungsfroh entgegen sehen. Den kühlen Morgen genießen. Den Sonnenaufgang erleben. Die frische Luft spüren. Immer neue Dinge entdecken, auch wenn man den Weg schon hunderte Male gelaufen ist. Sich frei zu fühlen. Abzuschalten. Bilder die vor einem ablaufen. In positive Erinnerungen eintauchen. Freude die man dabei empfindet. Sich auf den Kaffee freuen und auf ein langes Pfingstwochenende.

So ein Lauf war es heute Morgen!

Dienstag, 15. Mai 2007

Mein erster Marathon ist geschafft!

Vor 13 Monaten hatte ich den Entschluss gefasst, am 4. Ruhr-Marathon von Dortmund nach Essen teilzunehmen. Am vergangenen Sonntag war es soweit. Hier mein Bericht (entspricht dem Bericht den ich bei der WAZ für die Marathon-Neulinge abgegeben habe).

Es war für mich ein sehr emotionaler Lauf bei einer tollen Veranstaltung. Dank an die Organisation, an die Helfer, die beeindruckende Arbeit geleistet haben, aber auch an die Zuschauer, die einen bis ins Ziel toll unterstützt haben. Nach den vielen Kilometern insbesondere in diesem Jahr, den vielen Trainingseinheiten bei Wind und Wetter, den Zweifeln in den letzten Wochen, war insbesondere der Einlauf über den letzten Kilometer, das Erreichen der Ziellinie ein riesiges Erlebnis. Bestürzt war ich natürlich wie alle, als ich zu Hause in den Nachrichten erfahren musste, dass am Ende durch den Tod von zwei Teilnehmern keine wirklich unbeschwerte Freude aufkommen kann.

Die letzten Tage vor dem Lauf hatten es in sich. Da ich wenigstens vor dem Start auf meine heiß geliebten Süßigkeiten verzichten wollte, suchte ich nach Ersatz. Feigen oder Datteln fand ich nicht im Angebot. Also griff ich zu einer Tüte Sultaninen. Diese süßen kleinen Früchte brachten mich richtig in Bewegung, besonders meinen Magen, der sich auch am Sonntagmorgen noch nicht restlos beruhigt hatte. Bei der Anreise nach Dortmund wurde zunächst die Bahn ihrem zweifelhaften Ruf gerecht. In Dorstfeld standen sich hunderte von Läufern die Beine in den Bauch. Aber vielleicht war es ja keine Verspätung, sondern kalkulierter Service. So konnten Teilnehmer von weiteren zufahrenden Zügen transportiert werden. Mit ca. 20 minütiger Verspätung trafen wir dann endlich am Zielbahnhof ein. Mir ging es etwas mies und ich suchte die erste öffentliche Toilette auf. Dann ging es endlich in Richtung Startbereich. Es war schon zehn vor neun. Meine Laune und mein Befinden hatten sich gebessert. Ich stellte mich aber sicherheitshalber nochmals vor den Toiletten an. Das dauerte. Als das Startsignal kam, stand ich noch immer dort, aber das Ende war absehbar. Und da ich mich ohnehin ganz hinten einordnen wollte, war ja vielleicht doch noch etwas Zeit. Als ich es hinter mich gebracht hatte, war es merkwürdig leer. Nur meine Frau stand noch da, wild gestikulierend in Richtung Läuferfeld zeigend. Vielleicht hatte sie geglaubt ich habe mich doch noch anders entschieden und mich erstmal eingeschlossen. Ganz so lustig war es in dem Augenblick nicht mehr und auch ich sah jetzt ein, dass ich mich jetzt wohl auf den Weg machen müsste. Traingingspullover abgestreift, noch ein letzter Kuss und auf ging es, weit hinten aus dem leeren Block E, von einigen ambitionierten Läufern abschätzig auch Looser-Block genannt. Ich konnte mir jetzt verschiedene Alternativen zurechtlegen. Das Feld vor mir her jagen? Dem Feld hinterher laufen? Oder einfach Anschluss suchen? Irgendwie hatte ich mir den Start anders vorgestellt.

Es war nicht so schlimm wie es aussah. Kurz vor dem Starttor erreichte ich dann das Ende des Feldes. Ich war auch nicht der einzige Spätstarter. Das Feld erreichend kündigte sich das nächste kleinere Problem an. Ich hatte die Nordic Walker und die Walker vor mir. Es begann ein langsamer Parcourslauf, der mich aber letztlich davor schützte, dass ich zu schnell anlief. Nach 3 Kilometern war ich genau in meiner Zeitplanung. 7.30 Min./Km wollte ich laufen; für den Zieleinlauf hatte ich 5:30 Stunden vorgesehen, mit entsprechenden Pausen bei der Verpflegung und sicher auch einigen Gehpausen gegen Ende. Mein Magen hatte sich beruhigt und gab keinen Mucks mehr von sich. Das Wetter war gut, wenn es mir persönlich auch etwas zu warm war. Ich war froh, als ich nach 5 Km den ersten Becher Wasser greifen konnte. Jetzt war ich im Rennen und mein Befinden und meine Laune wurden immer besser. Das war doch der Tag, auf den ich solange gewartet hatte. Ich registrierte jetzt auch die Zuschauer und die Musik an der Strecke. Die Stimmung war wirklich prima.

Etwa bei Kilometer 8 verspürte ich Schmerzen im linken Fuß. Bloß kein Krampf dachte mir, denn so was kann höllisch wehtun. Diese unangenehmen Schmerzen dauerten vielleicht noch die nächsten 4 Km an. Dann waren sie so unerklärlich verschwunden wie sie aufgetreten waren. Glück gehabt. Bei Km 15 gab es die erste Dosis powergel. Kurz vorher hatte mein Magen schon ein leichtes Hungergefühl signalisiert. Kein Wunder, nach dem Auftakt. Aber wenn der Appetit wieder da ist, dann ist ja alles in Ordnung.

In Herne wollte meine Familie an der Strecke sein. War sie auch, aber ich war schon durch. Wir hatten uns wohl mit den Kilometerangaben etwas vertan. Ärgerlich! Dann kam die Teilung zwischen Marathon und HM. Bis dahin war auf der Strecke noch einiges los. Doch so wurde es jetzt recht einsam. Die HM-Marke erreichte ich bei 2:35:06. Das waren fast 2:30 Minuten schneller als nach meinem Fahrplan. Eigentlich wollte ich mich strikt daran halten und nichts riskieren. Nachdem die HM-Läufer sich verabschiedet hatten, wurden die Zuschauer noch wichtiger. Die Unterstützung war wirklich Klasse. Immer wieder hörte ich meinen Namen. „Dietmar du machst das gut. Sieht super aus.“ Es tut wirklich gut, wenn man fast alleine unterwegs ist. Bald war ich dann im trauernden Gelsenkirchen. Irgendwo klang es dann aber doch aus einer Box: „Blau und weiß, wie lieb ich dich…“ Ich fühlte mich in meinen BVB-Socken nicht so sehr angesprochen. Aber sonst waren auch die Leute in Gelsenkirchen sehr nett. Dann kam der come-together-point. Jetzt wurde es endlich wieder etwas voller. Bei 30 Km war ich immer noch mehr als 2:30 Minuten unter meinem Fahrplan. Ich war zudem Zeitpunkt absolut davon überzeugt, dass ich dass Ziel erreichen würde und verspürte schon etwas Vorfreude. Als nächste Zwischenetappe setzte ich mich mit der 35 Km-Marke auseinander. Im Training war ich bis zu 34,5 Km gelaufen. Ein neuer Längenrekord stand damit an. Und es sollte ja noch weiter gehen. Danach ließ die Kraft aber spürbar nach. Ich hatte 3 Päckchen powergel genommen, 2 Stücke Bananen gegessen und Wasser geschluckt wie ein Pferd. Die Anstiege in Essen waren kein Vergnügen mehr. Jeder Meter musste jetzt erkämpft werden. Bei einigen Anstiegen legte ich Gehpausen ein. Endlich erreichte ich Km 40. Es war die einzige Station, an der ich nichts trank. Ich konnte das Wasser nicht mehr sehen und die Straße mochte ich auch nicht mehr. Es zog sich jetzt wie Kaugummi. Dann wurde es lauter, 41 Km und dann der letzte auch angesagte Kilometer. 5 Stunden und genau 12 Minuten war ich jetzt unterwegs. Echt fertig. Aber jetzt riss ich mich doch noch einmal zusammen. Die Zuschauer feuerten mich an. Keine Gehpause mehr. Irgendwo da vorne wollte meine Familie stehen. Ich wollte auch einigermaßen gut durchs Ziel laufen. Und endlich war das Ziel auch in Sicht. Dann entdeckte ich seitlich von mir meine Frau, meine ältere Tochter Corinna und Enkeltochter Ronja. Sie winken und schrieen. Ich konnte gerade noch den Arm hochreißen und endlich war ich dann durch. 5:19:28 im Ziel. Was viel in dem Augenblick alles von mir ab. Nach den vielen Kilometern insbesondere in diesem Jahr, den vielen Trainingseinheiten bei Wind und Wetter, den Zweifeln in den letzten Wochen war insbesondere der Einlauf über den letzten Kilometer, das Erreichen der Ziellinie ein riesiges Erlebnis. Zwei Freudentränen kullerten die Wangen runter. Ich war so unbeschreiblich Happy. Ich habe es ja bei anderen gelesen, wie dieses Gefühl ist. Man muss es aber mal selbst erlebt haben. Die Zeit, wen interessiert das. Ich war das gelaufen, was ich laufen kann und was ich bei einem guten Verlauf maximal erwarten konnte. Ich war kaputt, aber es ging mir gut. Ich nahm meine Medaille in Empfang, holte das Finisher-Shirt und die Urkunde und war (und bin) stolz wie Oskar.

Immer noch bin ich etwas aufgewühlt. Meine Beine sind ganz schön sauer auf mich. Aber für einen Spaziergang hat es schon gereicht. Der Muskelkater wird mich wohl noch etwas begleiten.

Ob ich weiter laufe? Eine rhetorische Frage. Für den Berlin-Marathon bin ich längst angemeldet. Und den 18. Mai 2008 habe ich mir vorsichtshalber auch schon notiert.

Jetzt ist aber zunächst eine dreiwöchige Regeneration mit mindestens einer Woche Laufpause angesagt. Ich werde jetzt meine Erfahrungen aus dem über einjährigem Training auswerten und anschließend darüber berichten.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Marathon statt Derby

Marathon statt Derby


Ein heißes Wochenende steht an. Damit meine nicht das Wetter. Samstag findet das Derby schlechthin statt: BVB gegen S04. Ich habe eine Dauerkarte und werde seit Jahren erstmals nicht dabei sein. Wie dass? Am Sonntag nehme ich am Karstadt-Marathon teil. Es soll mein erster Marathon werden. Da ist es nicht möglich einen Tag vorher einige Stunden au f der Südtribüne rumzuturnen. Die Beine eignen sich einen Tag später nur noch bedingt zum Laufen. Habe das ja häufig in den letzten Monaten erfahren und meinen Trainingsplan so zugeschnitten, dass Fußball und Laufen zusammenpassen.

Was bedeutet das Derby für BVB-Fans? Die Saison war größtenteils eine Zumutung. Viele Spiele waren einfach grottenschlecht. Und auch als eingefleischter Fan hatte man darauf zum Schluss keinen Bock mehr. Die Ansprüche zu Saisonbeginn waren hoch geschraubt. Am Ende musste man froh sein die Liga halten zu können. Und jetzt kommt zwei Spieltage vor Saisonende der SO4 als Tabellen-Erster und Möchtegern-Meister. Mit dem Erfolg der letzten Monate kommen immer mehr Blauweiße aus ihren Verstecken hervor. Wollten sich im Erfolg sonnen. Schönwetterfans eben. Geht ja auch, haben seit einiger Zeit ja eine richtige Halle zu Hause. Früherer im Parkstadion war das noch anders. Da kam der Regen meistens von vorne direkt ins Gesicht. Missgunst? Bei weitem nein. Aber welcher BVB-Fan hätte was dagegen, wenn die Jungs von Gazprom Gelsenkirchen am Samstag unverrichteter Dinge aus Dortmund abziehen müsste. Das wäre eine kleine Gutmachung für manche Quälerei, die uns die Spieler in Schwattgelb über Monate angetan haben. Ganz klar, die Blauweißen sind Favorit. Aber deshalb können sie sich in Dortmund auch so richtig blamieren. Das wäre ja so schlimm wie vor einigen Jahren, als die Meisterfeier nach 5 Minuten wieder vorbei war, weil die Bayern in ihrem Dusel noch ein Tor geschossen haben. Also am Wichtigsten ist aber, dass alles fair und friedlich von statten geht!

Hilft nix, ich laufe am Sonntag Marathon. Der Entschluss steht seit über einem Jahr. Ich kann sogar das Datum sagen. Es war der 15. April und letzten Ausschlag gab eine kleine Meldung in einem Anzeigeblatt. „Eine Region in Bewegung“, war die Überschrift. Den Artikel habe damals kopiert und zuhause an die Pinwand befestigt. Dann habe ich angefangen dafür zu trainieren. Und jetzt ist es soweit. Vor einem Jahr schien es noch unvorstellbar, dass ich so etwas realisieren könnte. Doch dieses eine Jahr hat gezeigt was geht, wenn man sich etwas in den Kopf setzt, es wirklich will, sich darauf konzentriert und alles dafür tut. Nicht das falsche Erwartungen entstehen. Man kann aus einem alten Traktor kein Rennpferd machen. Aber er kommt an, wenn er ordentlich behandelt wird.

Ich bin auch zuversichtlich, dass ich es bis ins Ziel schaffe. Bis Kilometer 22 ist ja wohl zu schaffen. Dann kommt irgendwann die Stadtgrenze von Gelsenkirchen. Also, nicht dass einer meint ich hätte was gegen Gelsenkirchen. Die Stadtteile Bismark und Ückendorf kenne ich sogar ganz gut, weil ich da als Student vor 150 Jahren Zeitung ausgetragen habe. Um Gelsenkirchen hat auch einen schönen Zoo. Und die Anlage von Schloss Berge ist doch auch ganz nett. Aber einen Tag nach dem Derby muss ich all das nicht haben. Es glaubt doch keiner, dass ich in GE mit meinen BVB-Socken stehen bleibe. Wenn ich durch Gelsenkirchen bin, dann ist die 30 Km-Marke wohl schon überschritten. Es wird dann sicher sehr schwer. Aber dann will ich auch zu Ende laufen. Also werde ich auch das Ziel erreichen. Hoffe ich mal und denke positiv.