Montag, 30. Juni 2008

Kopf- und Laufsache

Das erste Tageslicht schleicht sich durch die Jalusie. Langsam fängt das Gehirn an zu arbeiten. „Sonntag! Laufen!“ Ich schleiche mich aus dem Schlafzimmer. Die Küchenuhr zeigt 4:45 Uhr. „Boach. Was bin ich müde.“ Der Körper fühlt sich noch ziemlich eingerostet an. Einen Augenblick darf ich mir noch gönnen. Ich habe jetzt so gar keine Lust raus zu gehen und schaffe es bis auf die Couch. Nach einer knappen Stunde „Bedenkzeit“ raffe ich mich auf. Innerlich fange ich an zu verhandeln. „Müssen es denn heute wirklich
22 Kilometer sein?“ Ich trete vor die Haustür. „Ist das frisch!“ Normalerweise genieße ich die kühle Morgenluft. Heute Morgen lässt sie mich nur frösteln. Ich trotte zur Garage. Denn ich brauche das Auto an der Strecke als Getränkestation. Ich fahre die wenigen hundert Meter bis in die Nähe meines Startpunktes.

Auf geht’s! 7:20 Minuten für den ersten Kilometer. So langsam bin ich schon lange nicht mehr gelaufen. Aber schließlich habe ich auch einen langen Weg vor mir. Die Sonne zeigt sich schon deutlich am Morgenhimmel. Warm ist es trotzdem noch nicht. Ich schaue mir rechts und links meines Weges die Felder an. Insbesondere der Mais hat in den letzten Tagen einen Schuss in die Höhe gemacht. Ich scheuche mehrere Kaninchen auf. Mir fällt die Geschichte vom Hasen und dem Igel ein. Ich werde nach meinem Gefühl selbst der Rolle des langsamen Igels nicht gerecht.

In der 2. Runde sehe ich wie das Mädchen der Bauerfamilie zwei Pferde auf die Weide bringt. Ich schaue den leichten Anstieg hinauf. Auch der Wind ist stärker geworden und es ist kalt. Ich sehe die Pferde und wünsche mir selbst in dem Augenblick eine Pferdelunge. Wenn die Pferde so schnaufen würden wie ich, dann würden sie wahrscheinlich notgeschlachtet. Dabei laufe ich noch schön langsam, so um die 7 Minuten für den Kilometer. Aber ich habe immer noch nicht das richtige Laufgefühl. Der Wind wir immer ungemütlicher, besonders wo es keinen Windschutz gibt. Drei gelbe Müllsäcke am der Straßenrand haben sich selbständig gemacht. Sie wandern im Laufe meiner Runden bis auf den gegenüberliegenden Bürgersteig. Langsam tauchen auch die ersten Hunde auf, die ihre Herrchen oder Weibchen zu einem frühen Spaziergang nötigen. Kurz vor Ende der 2. Runde schlägt die Kirchenuhr sieben. . Noch 2 Stunden laufen. Ich will nicht daran denken. Kopfarbeit ist gefragt.

Nach neuneinhalb Kilometer gibt’s für mich den ersten Becher Wasser. Ich laufe bisher einen Schnitt von etwas über 7 Minuten. Ein bisschen schneller darf ich schon noch. Ich versuche kontrolliert schneller zu werden. Nach der 4. Runde kommt leichter Optimismus auf. Nur noch drei Runden! Ich beschließe, dass ich mich jetzt nicht mehr klein kriegen lasse. Nach der 5. Runde gibt es den 2. Und letzten Becher Wasser. So, jetzt kann ich es auf den letzten beiden Runden ungebremst weiter gehen. Prompt wird der nächste Kilometer deutlich zu schnell: 6:30 Min./Km. Ich nehme mir vor mich doch etwas zu zügeln. Am Ende der vorletzten Runde lese ich 2:09:31 Stunden. Wenn ich jetzt noch mal etwas Gas gebe, dann komme ich auf 2:30 Sunden. Mich packt der Ehrgeiz und ich hole den Rest aus mir raus. Jetzt zählt nicht mehr das Durchhalten. Jetzt zählt die Zeit. Ich freue mich, dass es noch so gut geht. Die Halbmarathonlinie schaffe ich mit 2:21:54 Sunden. Noch ein guter Kilometer. Jetzt muss alles raus. Nach 22,3 Km bin ich in 2:28:46 Stunden im Ziel. Die letzten gut 3 Km mit einem Schnitt von 6:03 Min./Km. Nach einem sehr zähen Beginn wurde es noch ein gelungener Trainingslauf.

letzte Woche: 52,6 Laufkilometer in 6:32 Min./Km

Mittwoch, 25. Juni 2008

Neue Herausforderungen



Auf meiner neuen Stelle in der Führerscheinstelle für den Kreis Recklinghausen bin ich inzwischen angekommen. Nach der ersten Woche sehe ich eine spannende, abwechslungsreiche und durchaus anspruchsvolle Herausforderung, die ich angenommen habe. Mein Lauftraining ist insoweit betroffen, als ich in der Woche sicher nicht mehr wie bisher vor der Arbeit laufen kann. Ich fange um 7.00 Uhr mit der Arbeit an und habe eine deutlich weitere Anfahrt als bisher. Da ist es selbst für einen Frühaufsteher nicht mehr machbar vorher auch noch laufen zu gehen. Da wird dann eben in der Woche abends gelaufen. Bei den derzeit langen Tagen ist das sowie so kein Problem. Ein bis zweimal die Woche versuche ich mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Eine Strecke sind 14 Km. Eine schöne Ergänzung zum Lauftraining. Allerdings muss ich doch darauf achten, dass die Regeneration nach dem Lauftraining nicht beeinträchtigt wird.

Am Sonntagmorgen habe ich wieder erstmals nach dem letzten Marathon einen etwas längeren Lauf gemacht. Gut 19 Km in 6:44 Minuten pro Kilometer. Es war schon in der Frühe ziemlich schwül und als ich gegen halb neun wieder zu Hause war zeigte das Thermometer schon fast 25 Grad. Ich habe getropft wie ein nasser Schwamm. Tauwetter für Dicke. Aber es hat Spaß gemacht und mir gezeigt, dass ich schon wieder ganz gut dabei bin. Nächstes Ziel ist die Teilnahme an einem 10 Km Lauf Mitte Juli. Danach kommt schon wieder der Einstieg ins Marathontraining. Derzeit trainiere ich aber noch etwas Tempo. Gestern stand ein Intervalltraining an. 5 mal 1,2 Km in 5:29 Min./Km.

In der letzten Woche sind zusammen gekommen:

34,9 Km laufen
64 Km auf dem Rad (Alltagsfahrten, kein besonderes Training)
einmal Fitness-Studio

Mittwoch, 18. Juni 2008

Nix zu machen

Mein 5 Km – Lauf beim Tengelmannlauf in Mühlheim .

Ziel: 27:39 Minuten zu unterbieten.

Warum? Weil das die Zeit ist, die ich bei meinem ersten offiziellen 5 Km Lauf erzielt habe.

Wann? Am 31.12.1988!

Meine 5 Km – Zeiten in meinem zweiten Läuferleben:

2006: 28:05

2007: 28:30 und 30:50

So stehe ich am Start. Direkt hinter mir die Walker und die Nordic-Walker. Ganz schön voll ist es am Start. Schulter an Schulter. Hoffentlich komme ich hier gut weg. Der Startschuss setzt auch den hinteren Teil des Feldes in Gang. Mit Verzögerung, versteht sich. Die Startlinie ist überschritten. Es ist eindeutig zu langsam, wenn ich meine Zielzeit nicht aus den Augen verlieren will. Und so suche ich Lücken im Feld. Mit kurzen Beschleunigungen und einem Zick-Zack-Kurs versuche ich Sekunden herauszuholen. Das kostet Kraft und ist auch nicht ohne Risiko. Aber es geht gut. Ich ecke nirgends an.

Das erste Km-Schild: 5:42 Minuten. Ich brauche einen Schnitt von etwas über 5:30 Minuten. Ich weiß wie schwer es ist 10 Sekunden gut zu machen. Und will damit gleich anfangen. Doch bald beginnt ein Anstieg und der Weg wird so schmal, dass nur wenige Läufer nebeneinander passen. Vor mir ist es wie eine Mauer. So als ob sie sagen wollte: „Du kommst da nicht rein“. Und wenn ich ehrlich bin braucht der Anstieg auch ordentlich Puste. Ob ich wirklich schneller wäre, wenn Platz da wäre?

11:32 Minuten nach dem zweiten Kilometer. „Nix zu machen“, denke ich. Und meine damit meine Zielzeit. Das wären ja schon fast 30 Sekunden, die ich aufholen müsste. Was tun? Weiterlaufen und sich nicht blamieren. Ich laufe ohne große Erwartungen weiter. Versuche aber auch nicht noch langsamer zu werden. Werde ich aber. 17:26 Minuten bei Kilometer 3.

Was mich jetzt noch antreibt? Wenigstens nur noch 2 Km. Das Ende ist nahe. Es geht jetzt abwärts. Lange Schritte und es ist natürlich leichter als beim Anstieg. Deutlich schneller und mal gucken wieweit ich damit komme. Schon das Kilometerschild 4. 22:26 Minuten. Huch, das wären ja glatte 5 Minuten für den letzten Kilometer. Das gleiche noch mal. Ich spüre einen Hauch von Übelkeit. Ist aber gleich wieder weg. Also weiter. Ein lächerlicher Kilometer. Ich puste und schnaufe, wahrscheinlich wie eine alte Dampflokomotive. Ich schaue auf die Uhr 25 Minuten sind gelaufen. Aber wieweit ist es noch. Weiß nicht. Aber nicht mehr lange? Jetzt noch einmal alles geben. Wenn ich nicht mehr kann, dann werde ich ebnen wieder langsam laufen. Der Lautsprecher im Zielbereich ist zu hören. Also weiter. Da sehe ich den Zielbogen. Blick auf die Uhr. Ich habe noch ein paar Sekunden bis zu meiner Zielzeit. Aber das ist wohl nicht machbar. Ich kann ja nicht fliegen. Trotzdem, wie von einer Tarantel gestochen laufe ich weiter, lasse mich auf ein Wettrennen mit einem Mitläufer ein. Kurz vor der Ziellinie muss er passen. Ja gibt’s denn das? Ich bin durch. 27:36 Minuten. Ja gibt’s denn das? Noch größer als die Freude ist der Sauerstoffmangel. Ich schaffe mehr stolpernd noch einige Meter bist zu einem Rasenstück und setze mich und lehne mich an einem Zaun an. Ich hänge sozusagen im Zaun. Wenig später steckt mir ein Helfer einen Becher mit Wasser zu. Eine Prise Luft wäre mir in dem Augenblick noch lieber gewesen. Aber bald geht es wieder.

Ich hole mir die Urkunde ab. Will wissen ob es offiziell ist, was ich da gestoppt habe. Ich lese 27:36 Minuten. Das passt wie angegossen.

Zuhause krame ich die alten Urkunden aus den 80er und 90er Jahren. Die älteste eben von 1988. 27:39 lese ich da. Und lege die neue Urkunde daneben. Das geht runter. Ja, ja. Bei den anderen Silvesterläufen war ich schneller. Aber nicht viel. Bestzeit war 25:46 Minuten. Ich denke kurz nach und in meinem Kopf fängt es an zu spinnen. Bis sich mein Ego meldet: „Nix zu machen.“

Samstag, 14. Juni 2008

Keine Zeit!


Gerade noch Zeit zum Laufen; aber zur Zeit keine Zeit zum Schreiben. Beruflich im Umbruch. Und auch privat habe ich einiges wegzutragen.

Training läuft schon wieder ganz gut. In der letzten Woche in 4 Trainingseinheiten fast 48 Km gelaufen. Außerdem über 100 Km Rad gefahren (aber nicht als richtiges Training). In dieser Woche bisher zwei Mal gelaufen.

Morgen gibt es ein Experiment. Ich starte beim Tengelmannlauf in Mühlheim a.d.R. über 5 Km und versuche eine Zeit zu laufen, die ich vor knapp 20 Jahren gelaufen bin (27:39 Min.)

Freitag, 6. Juni 2008

Befreiungslauf

Nachts die Wände hoch. Der Kopf platzt gleich. Vor fünf reicht es dann. Runter von der Couch, auf die ich schon gewechselt war. Laufsachen an, runter in die Garage und ab in die Haard. Ums Dorf laufen will ich jetzt nicht. Irgendwas anderes muss es jetzt sein.

Auf dem Parkplatz vor Mutter Wehner scheuche ich mit dem Autoscheinwerfer ein Kaninchen auf. Noch vor Sonnenaufgang geht es los. Langsam, kein Stress, mit wem und was auch immer. Auch nicht mit mir selbst. Die Dämmerung löst sich schnell auf. Die ersten Sonnenstrahlen brechen durch die Bäume. Es ist angenehm frisch. Zeit sich zu sortieren, Gedanken loszulassen. Wie schnell das doch geht, wenn man erst mal losläuft. Keine Zeit und kein Ziel jagen mich, auch wenn die Stoppuhr läuft; das ist automatisiert und gut fürs Laufbuch. Im Moment aber nicht wichtig.

Am Wegrand türmen sich Holzstapel. An der Kreuzung zu St. Johannes ist eine Menge Schotter und entsprechende Baufahrzeuge vorgefahren. Der RVR liefert einen Beweis seiner Existenzberechtigung. Hoffentlich übertreiben sie es nicht. An einem Seitenweg belädt sich ein Fahrzeug mit Holz. Also um es genau zusagen, jemand bedient die Maschine. Noch ein Frühaufsteher also.

Meine Gedankenflut hat sich schon fast in Luft aufgelöst. Jetzt geht es den 700 Meter langen Anstieg hinauf zum Feuerwachturm. Der Puls geht nach oben. Der Atem ist schneller als die Beine. Das gibt den Gedanken den Rest. Doch ich komme erstaunlich gut nach oben. Ich fühle mich gut in Form. Am Feuerwachturm wenden und wieder zurück. Das Steilstück runter. Jetzt habe ich den Kopf wieder frei und es geht jetzt doch noch ums bloße Laufen. Für die letzten 4 Km nehme ich mir vor es zügig angehen zu lassen. Erst ein kleiner Anstieg. Dann geht es etlicher hundert Meter mit einem kleinen Gefälle weiter. Das genieße ich jetzt und lasse die Beine sich richtig austoben.

Durch die geöffnete Schranke und dann noch runter bis Mutter Wehner. Nach etwas mehr als 75 Minuten bin ich wie neu gemacht. Das ist Laufen!

Donnerstag, 5. Juni 2008

Ein Bild spricht Bände


Jetzt gibt es doch noch ein Bild von meinem Karstadt-Marathon. Ein freundlicher Kollege von unserem Personalrat stand an der Strecke und hat mich fotografisch eingefangen. Freu mich, denn ich war nicht bereit die 19,95 Euro für ein „offizielles“ Veranstaltungsfoto zu berappen. Das ist ja der reinste Wucher. Das Foto wurde in Herne, Wanne-Eickel aufgenommen. Es muss kurz nach der Getränkestation bei 22,5 Km entstanden sein. Es gibt sehr schön die Situation wieder. Mehr als 22 Km in den Beinen und noch fast 20 Km vor der Brust. Kein Sonntagsspaziergang eben. Mit den Kräften noch nicht am Ende, aber schon sehr anstrengend. Körperlich aber auch mental. Am Streckenrand in diesem Abschnitt war es ziemlich ruhig. Kein geschlossenes Läuferfeld; die Läufer versprengt und jeder hat mit sich selbst genug zu tun. Die karge Häuserfront und die weggeworfenen Becher auf der Straße symbolisieren so etwas die Stimmung zu dem Zeitpunkt. Im Gesicht zeichnen sich die ersten Spuren des Laufes. Wenn ich mich da wieder rein versetze, dann bekomme ich schon eine Gänsehaut.

Das Training in der letzten Woche war immer noch von der Regeneration nach dem Marathon bestimmt. Noch nicht so viele Kilometer; 3 Läufe, insgesamt 25,2 Km. Aber zweimal im Fitnessstudio und einmal Krafttraining zu Hause. In dieser Woche aber schon zweimal gelaufen und dabei gestern das erste harte Intervalltraining. 8 mal 600 m in 5:25 Min./Km. Was habe ich geschwitzt.