Dienstag, 30. November 2010

Aus der Not eine Tugend machen

Meine November-Stimmungsbilder habe ich bereits abgegeben. Der letzte Eindruck wirkt meistens am Nachhaltigsten: es ist kalt und dunkel. So habe ich auch meinen letzten Lauf heute Morgen absolviert: von Dunkelheit und Kälte umgeben und - auf einer geschlossenen Schneedecke, was für das nördliche Ruhrgebiet keine Selbstverständlichkeit ist. Der vergangene lange und strenge Winter mag da unsere Wahrnehmung möglicherweise trüben.

Unterm Strich darf ich mir 212,9 gelaufene Kilometer zuschreiben. Dafür habe ich an 21 Tagen die Laufschuhe geschnürt. Noch nie bin ich in einem November soviel gelaufen.

So weit, so gut, so normal? Mitnichten. Es kommen noch 439,5 Km auf dem Fahrrad als Alltagsradfahrer hinzu. Dabei hat das Rad in den letzten beiden Jahren fast nur im Keller gestanden. Wie denn dann das? Ende Oktober hat mein Auto nicht ganz unerwartet seinen Geist aufgegeben. Ich habe hin und her überlegt, weil ich anhänglich bin und mich in diesem Fall auch schlecht trennen kann. Aber es lohnt sich nicht mehr. Und so habe ich während dieser Zeit des Überlegens aus der Not eine Tugend gemacht. Einen Teil des Weges zur Arbeit und wieder zurück habe ich mit dem Fahrrad zurück gelegt. Ein Weg beläuft sich dabei auf gut 14 Km. Da kommt dann schon Einiges zusammen. Es hat mir nicht geschadet, im Gegenteil. Es hat auch meinen Horizont erweitert. Ich habe wahrgenommen, dass Autos laut sind und stinken. Jedenfalls dann, wenn man nicht gerade selbst eines benutzt. Ich habe abenteuerliche Fahrten hinter mich gebracht. Diese Einschätzung mag mit meiner mangelnden Erfahrung zu tun haben. In nachhaltiger Erinnerung wird mir eine morgendliche Fahrt bleiben, bei der ich plötzlich mit sehr dichtem Nebel zu kämpfen hatte und das an der stark befahrenen B 225 zwischen Recklinghausen und Marl auf dem Mehrzweck- und Standstreifen der Straße entlang. Ein sehr mulmiges Gefühl beschlich mich und ich war heilfroh, als ich sicher meine Arbeitsstätte erreicht hatte.

Ja die B 225! Sie hat in diesem Jahr regionale Schlagzeilen gemacht. In der letzten Woche gab es einen tödlichen Unfall, als ein Transporter auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit einem LKW kollidierte. Die Straße wurde komplett gesperrt, wie ein Kollege berichtete. Der Unfall musst so etwa 15 Minuten passiert sein, nachdem ich die Stelle mit dem Rad hinter mich gelassen hatte. Ein komisches Gefühl ist das, wobei klar gestellt werden muss, dass es überhaupt keine Erklärung dafür gibt, dass genau an einer so völlig unverdächtigen Stelle etwas passieren konnte.

Ansonsten bleibt zu melden, dass die Mädels vom horizontalen Gewerbe die Auseinandersetzung mit Polizei und Ordnungsämtern gewonnen haben. Nachdem vor Wochen die Medien mit dicken Schlagzeilen gemeldetet hatten, dass die Straße endgültig "geräumt" sei, weil "das" unzumutbar und man "das" an dieser Stelle nicht zulassen könne, hat es sich gezeigt, dass die Haltung womöglich politisch gewünscht, rechtlich aber eben nicht durchsetzbar war. So radel ich halt hin und wieder an die Damen vorbei, die da so rum stehen, als ob sie warten und nicht abgeholt werden. Aber der Eindruck muss ja wohl täuschen. Die Mädels sind jedenfalls unglaublich wetterfest. Auch heute, bei gemessenen -2 °C und gefühlten -8 °C standen da Einige an bekannter Stelle, wie ich heute allerdings aus dem "sicheren" Linienbus registrieren durfte. Der Bus hat, wie zu erwarten war, nicht angehalten. Es hätte vermutlich auch nicht den Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes und den Dienstanweisungen der Vestischen Straßenbahnen GmbH entsprochen.

Spaß beiseite. Ein Monat ohne Auto! Es geht, sogar viel besser als ich erwartet habe. Ob ich es als Dauerzustand haben möchte, kann ich aber wohl verneinen. Jetzt bei Eis und Schnee ist das Fahrrad kein brauchbares Fortbewegungsmittel: das jedenfalls möchte ich für mich festgestellt haben. Aber schaun wir mal, wie lange ich das noch so durchhalte.

Sonntag, 28. November 2010

Eiskalter 1. Advent






Minus 5 Grad kurz vor sieben Uhr, als ich meinen Lauf beginne. Knackige Kälte empfängt mich draußen. Dazu der Mond und die Venus am wolkenlosen Morgenhimmel. Zum Glück ist die Luft sehr trocken und es ist windstill. Raureif schmückt die Pflanzen; der Schnee hingegen ist am Vortage weggeschmolzen. Viel war es auch nicht und die Wege waren auch schneefrei geblieben. Erneut ist es ein wunderschöner Morgen zum Laufen. An meiner neuen Strecke entdecke ich einen schön geschmückten Natur-Weihnachtsbaum, vielleicht 4 oder 5 Meter hoch. Ja, wir haben schon den ersten Advent. Es ist draußen unglaublich ruhig. Die weiten landwirtschaftlichen Flächen, mit Raureif ausgestattet und die Eiseskälte verstärken den Eindruck der Stille noch. Es hat schon faszinierende Züge, so dass ich hin und wieder innehalte und mich umschaue. Zwischendurch verliere ich mich in diesem Lauf, das Gefühl für Zeit und Raum kommt abhanden und ich bin überrascht, als ich in die Wirklichkeit wieder eintauche. Im Osten ist im Verlaufe einer guten Stunde ein schmales Wolkenband aufgezogen, was den Sonnenaufgang für mich unsichtbar bleiben lässt. Es stört meine Freude nicht.

Was aber die Harmonie von Natur, Landschaft, Licht, und Einsamkeit stört ist das Machwerk zivilisationsgeschädigter Gestalten, die eine Autositzbank an abgelegener Stelle entsorgt haben. Auch wenn ich dieses Ding jetzt schon seit ein paar Tagen wahrnehmen muss und mein Erstaunen und Kopfschütteln nicht mehr ganz so stark sind wie beim ersten Entdecken, bleibt die Fassungslosigkeit über soviel Frevel. Wahrscheinlich lachen die Übeltäter über ihre skurrile Hinterlassenschaft und finden es komisch. Mag es sie in irgend einer Form wieder einholen, auch wenn mir da der Glaube an einen gerechten Ausgleich fehlt.

Zuhause fällt mir beim dokumentieren meiner "Daten" auf, dass ich in dieser Woche jeden Tag laufen war. Da ich versuchsweise dazu übergegangen bin meine Statistik bei 1-2-sports zu führen, ist es mir zuvor nicht bewusst geworden. Es war keine Absicht, kein Plan, es hat sich einfach mal so ergeben. Es gibt auch keinen Plan irgend etwas fortzuführen oder zu entwickeln. Manchmal sind die Dinge verrückt und unerklärlich.

Sonntag, 21. November 2010

Erster Raureif





Es war ein Lauf aus der Dunkelheit in den Tag. Sternklarer Himmel, sonderbar hell, weil der fast volle Mond meinen Weg ansatzweise andeutete. Erst verschwanden die Sterne, die Venus begleitete mich noch eine Weile. Der Mond senkte sich allmählich über die brachliegenden Felder. Der Tag machte sich bemerkbar und das nächtliche Himmelslicht wurde nicht weiter benötigt. Am Wegesrand auf den Pflanzen zeigte sich der erste zart Raureif in diesem Herbst. 2 °C und das Schwitzen hielt sich an diesem Morgen in Grenzen. So langsam sollte sich jetzt auch die Sonne bemerkbar machen. Doch der Morgendunst zeigte sich zäh und am Waldesrand bildete sich leichter Nebel. Was können Vögel um diese Jahreszeit schön zwitschern. Schade, dass ich kein Vogelkundler bin und den Gesang nicht zuordnen kann. Unverkennbar aber der Warnruf eines Fasans und später dann die Krähen. Man sagt den Rabenvögel ja eine bemerkenswerte Lernfähigkeit nach. Ich bin dann immer enttäuscht, wenn sie davon fliegen, sobald ich mich ihnen nähere. Sie müssten doch eigentlich wissen, dass ich zu langsam bin und schon aus diesem Grunde keine Gefahr bedeute. Außerdem bin ich an und für sich sehr friedfertig. Deshalb freue ich mich, dass heute einmal einer dieser sehr stattlichen Vögel am Wegrand am Boden bleibt, als ich an ihm vorbei laufe.

An einer Weggabelung, die ich heute zum zweitenmal überlaufe, ist ein PKW vorgefahren und abgestellt, mit Blick in Richtung Sonnenaufgang. Ich bin froh, dass ich auch ohne fahrbaren Untersatz den mogendlichen Zauber erleben darf. Der Sonnenaufgang ist heute auch nicht außergewöhnlich spektakulär, sondern ganz normal schön. Aber es ist schon ein bisschen verückt, dass Leute sich am Sonntagmorgen ins Auto setzen, um einen Blick in die Natur zu werfen.

Gestern nachmittag, heute Morgen und den ganzen Tag über zeigt der November ein Gesicht, was man ihm eigentlich nicht zutraut. Heute Mittag strahlt dann auch die Recklinghäuser Altstadt, übermalt von einem tiefblauen Himmelszelt.

Donnerstag, 18. November 2010

Lieblingslaufwetter


Ein vierundachzig minütiger Lauf bei 7 °C, trocken und windstill. Kurze Hose langes Laufshirt, Kappe als Haarersatz und (weicheigerecht) dünne Baumwollhandschuhe. Die meisten Zeitgenossen werden sich bedanken. Ich fand es heute einfach nur optimal. Ein Wohlfühlwetter zum Laufen. Vielleicht hat dazu beigetragen, dass eine unbedeutende Verletzung der Wadenmuskulatur zu einer kleinen Laufpause geführt hatte und so die Freude an der Bewegung besonders intensiv war. Vielleicht lag es auch daran, dass ich auf einer teilweise neuen Strecke neue Eindrücke auf mich wirken lassen konnte. Wie schön wir es doch haben, wenn wir nur mal etwas raus gehen und uns bewegen. Das "Pferdehaus" auf dem Bild liegt gerade mal 5 Kilometer von meiner Haustür entfernt, heute erstmals von mir entdeckt.